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Verdicker als Komponente eines Schmierfetts

Lesezeit: 7 Min. | 03.08.2021

Inhalte

Schmierfett allgemein

Wie transportiert man Wasser in einem Sieb? Wer erinnert sich nicht an die Frage seines Physiklehrers in der weiterführenden Schule zurück. Die erwartete und übliche Antwort lautet: in Form von Eis. Man ändert also den Aggregatzustand von flüssig zu fest und schon hindert man das Wasser daran, durch das Sieb zu laufen. Was macht man aber, wenn man die Temperatur nicht ändern kann? Wie schafft man es, das Wasser daran zu hindern, durch das Sieb zu fließen? Ohne ein weiteres Hilfsmittel ist das nicht möglich. Aufgabe dieses Hilfsmittels ist es, das Wasser aufzunehmen und festzuhalten. Dabei ist es selbst aber groß und sperrig genug, um nicht ebenfalls durch das Sieb zu fließen. Für solch eine Aufgabe fällt jedem sofort ein Schwamm ein.

Was hat das Ganze mit Schmierfetten zu tun?

Die allgemeine und für jede Art von Schmierfetten zutreffende Definition lautet: Aufquellungen von Dickungsmitteln in Öl.

Das, was hier als Aufquellung beschrieben wird, ist im bildlichen Sinne eine schwammartige Struktur, also ein dreidimensionales Netzwerk, welches in der Lage ist, Flüssigkeiten einzulagern und unter bestimmten Bedingungen auch wieder abzugeben. Der in der Branche übliche Begriff hierfür lautet Verdicker.

Jedes Schmierfett besteht somit aus mindestens zwei, meistens aber aus drei Komponenten:

  • Verdicker
  • Grundöl
  • Additive

Das führt uns zu der Frage und einer Feststellung vom Anfang zurück. Schmierfett!? Ist doch nur ein am Wegfließen gehindertes Öl! Diese Aussage habe ich an der einen oder anderen Stelle von Anwendern schon öfter vernehmen dürfen. Das Schmierfette weitaus mehr leisten können, als Öl am Wegfließen zu hindern, möchte ich mit einem Blick auf verschiedene Verdickertypen in diesem Artikel beleuchten.

Je nach Schmierfetttyp und verlangter Konsistenz bewegt sich der Verdickeranteil zwischen etwa 5 und 25 Prozent. Die mengenmäßig überwiegende Komponente ist Öl. Frühere Vorstellungen, dass die Verdicker in Schmierfetten lediglich als Trägergerüst dienen und nicht schmierwirksam seien, sind revidiert. Sowohl Grundöl als auch die verdickende Komponente, die natürlich aufeinander abgestimmt sein müssen, übernehmen bei Schmierfetten die Schmierfunktion gemeinsam.

Schmierfette werden im Allgemeinen an Stelle flüssiger Schmierstoffe eingesetzt, wenn aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen ihr Einsatz vorteilhafter ist oder flüssige Schmierstoffe nicht verwendet werden können. Oft werden Schmierfette dort vorgesehen, wo strenge Anforderungen hinsichtlich des Verbleibens des Schmierstoffes an der Reibstelle gestellt oder lange Nachschmierfristen angestrebt werden. Der Verbrauch an Schmierfetten ist in den meisten Fällen geringer als der Verbrauch an Öl. Schmierfette sind auch unentbehrlich, wenn nicht ausreichend gegen Eindringen von Schmutz und Wasser geschützte Schmierstellen abgedichtet werden müssen. Ein weiterer Vorteil ist, dass Schmierfette stoßweise Lagerbelastungen besser auffangen, Geräusche dämpfen und im Grenzreibungsgebiet bessere Schmierfähigkeit als Öle aufweisen.

Neben dem wirtschaftlichen Punkt gibt es also eine Reihe von technischen Aspekten, die schon allein mit der Auswahl eines bestimmten Verdickers die Eigenschaften eines Schmierfetts entscheidend beeinflussen. Chemisch gesehen kommt eine Vielzahl an unterschiedlichen Verdickern in Frage. Eine erste Unterscheidung wird bei Schmierfetten mit den Kategorien (Metall-)Seifenverdicker und Nicht-Seifenverdicker getroffen.

(Metall-)Seifenverdicker

Metallseifen werden durch Verseifung von Fettstoffen (Neutralfetten oder Fettsäuren) mit den Lösungen oder Dispersionen von Alkalien- oder Erdalkali-Hydroxiden, z. B. Lithiumhydroxid, Natriumhydroxid oder Calciumhydroxid, als Verseifungsmittel hergestellt. Der Begriff umfasst also die Reaktionsprodukte einer organischen Säure und einer Lauge. Bei der Verwendung jeweils einer Lauge und einer Fettsäure entsteht die Einfach- oder Normalseife.

Verwendet man anstelle einer Lauge aber zwei Laugen und bringt diese mit einer Säure zur Reaktion, entsteht eine Gemischtseife.
Bei der Reaktion von zwei Fettsäuren mit nur einer Lauge entsteht hingegen eine Komplexseife.

Allen Metallseifen gemeinsam ist die Eigenschaft, dass ihre Struktur nur bis zu einem gewissen Punkt temperaturstabil ist. Werden sie über diesen sogenannten Tropfpunkt hinaus erwärmt, schmilzt der Verdicker.

Die in den Lagern oder Reibstellen herrschenden Betriebstemperaturen stellen ein wichtiges Kriterium für die Fettschmierung dar. Die Betriebs- oder Gebrauchstemperatur entsteht aus der Reibungswärme des Lagers selbst (Lagertemperatur) und der Wärmezufuhr von außen entsprechend den vorliegenden Betriebsbedingungen (Strahlungswärme). Sie wird vermindert durch die Wärmeabgabe der Lagerstelle an die Umgebung.

Die sich im Beharrungszustand einstellende Betriebstemperatur ist für die Schmierfettauswahl von entscheidender Bedeutung, da die thermische Belastbarkeit der einzelnen Schmierfetttypen deutlich unterschiedlich ist.

Schmierstellen, die mit Feuchtigkeit oder Wasser in Berührung kommen oder die zwecks notwendiger Kühlung sogar mit Wasser überspült werden, können nur mit wasserbeständigen Schmierfetten geschmiert werden. Dazu zählen beispielsweise Calcium-, Aluminiumkomplex- oder spezielle Lithiumseifenfette.

Von wesentlicher Bedeutung, wenn auch unabhängig von den Leistungseigenschaften, ist die Förderbarkeit eines Schmierfettes. Schmierfette, die aufgrund ihrer Konsistenz oder Struktur durch vorhandene Schmierfettzuführgeräte nicht an die Reibstelle geleitet werden können, sind häufig ungeeignet.

Die gebräuchlichsten Metallseifenfette basieren auf einer reinen Metallseife (z. B. Lithium, Calcium, Natrium usw.). Daneben existieren, wie bereits oben erwähnt, auch Metallseifenfette mit gemischter Seifenbasis (z. B. Lithium-Calcium). Diese Fette verbinden den Vorteil der guten Wasserbeständigkeit von Calciumseifen mit dem höheren Gebrauchstemperaturbereich der Lithiumseifen.

Die bei der Verseifung von Komplexseifenschmierfetten entstehenden „Seife-Salz-Komplexe” verleihen diesen Schmierfetten allgemein günstige Gebrauchseigenschaften, in erster Linie bessere thermische Stabilität. Aber auch die Wasserbeständigkeit und die Walkstabilität können durch Komplexseifen als Eindicker gezielt verbessert werden.

Nicht-Seifenverdicker

Nichtseifenschmierfette beinhalten als Verdicker anorganische oder auch synthetische organische Substanzen. Diese finden sowohl für die Herstellung von Mineralölschmierfetten als auch von synthetischen Fetten Verwendung. Als Nichtseifenverdicker sind viele Substanzen eingesetzt und erprobt worden. Neben Polyharnstoff (Polyurea) werden kolloidale Kieselsäuren, modifizierte Tonerden oder Kunststoffpulver wie Polytetrafluorethylen (PTFE) verwendet.

Die wichtigsten Schmierfetttypen mit Nichtseifenverdickern, die heute praktische Bedeutung haben, sind:

  • Silica Gelfette
  • Bentonitfette
  • Polyureafette

Gelfette sind Schmierfette, die mit hochdisperser Kieselsäure (oleophiles Siliciumdioxid) als Gelbildner hergestellt werden. Diese Kieselsäuren sind unter verschiedenen Eigennamen, wie z. B. Aerosil, bekannt.

Solche Kieselsäuren stellen sich als amorphe, sehr feine, weißliche Pulver dar. Ihr Verdickungseffekt in Mineralöl ist jedoch nicht sehr ausgeprägt. Ein solches System ist außerdem thixotrop (ruheverfestigend, aber durch Bewegung, Schütteln, Umrühren, wieder flüssiger werdend).

Bentonitfette werden eine Gruppe von Schmierfetten genannt, die mit modifizierten Tonerden (ebenfalls sehr feine, amorphe Pulver) verdickt sind. Bentonit selbst ist eine reine Tonerde, deren Hauptbestandteil das hoch quellfähige Tonmineral Montmorillonit (ein Aluminiumsilikat) ist.

Bentonit im Urzustand ist stark hydrophil und quillt mit Wasser auf. Daher rührt auch die ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung Quellton.

Erst mit modifizierten organischen Derivaten des Montmorillonits als Verdicker können in Verbindung mit geeigneten polaren Lösemitteln unter mechanischer Bearbeitung (Scherung) Bentonitfette hergestellt werden, die sich durch hohe Beständigkeit gegenüber thermischer Belastung auszeichnen.

Bentonitfette haben keinen Tropfpunkt, weil die Silikatgerüste des Dickungsmittels bis weit über die Zersetzungstemperatur der verdickten Öle hinaus beständig sind.

Demzufolge kommt es bei anhaltend hohen Temperaturen nicht zu Phasentrennungen mit Ölaustritt, sondern zwangsläufig zur Ölverkokung. Es ist deshalb bei hohen Einsatztemperaturen (mehr als 150 °C) besonders wichtig, die Nachschmierfristen einzuhalten. Nur so kann ein Verkoken des Mineralöles und damit Trockenlauf mit daraus resultierender Lagerzerstörung vermieden werden.

Ein Nachteil ist, dass Bentonitfette mit anderen herkömmlichen Schmierfetten (Vermischung durch Nachschmieren mit anderer Sorte) und vielen üblichen Schmierfettadditiven unverträglich sind.

Bei Vermischungen kommt es deshalb häufig zu Erweichungen der Fettfüllungen. Die Auswahl geeigneter Additive ist aus dem gleichen Grund sehr problematisch. In der Praxis muss deshalb bei einem Fettsortenwechsel durch Reinigung der Lager ein Kontakt unterschiedlicher Fettsorten vermieden werden.

Polyharnstofffette enthalten als Verdicker polymere Harnstoffderivate, die sich chemisch gesehen vom Harnstoff (englisch urea) ableiten, und tragen daher auch die englische Bezeichnung Polyureafette. Die Dickungsmittel der Polyureafette werden nach den Methoden der organischen Chemie synthetisch hergestellt. Da diese rein organischen Komponenten keine mineralischen Rückstände in Form von Aschen hinterlassen, werden Polyureafette auch als aschefrei bezeichnet.

Harnstoffderivate werden durch Umsetzung von Di-Isocyanaten mit Aminen hergestellt. Wegen der Toxizität der Di-Isocyanate und Amine muss die Produktion in besonderen geschlossenen Systemen vorgenommen werden, was den Herstellungsprozess kompliziert.

Polyharnstoffe bilden in Grundölen dreidimensionale Netzwerke, die denen der Seifen ähneln, aber feingliedriger sind.

Unsicherheit besteht auch bei der Verbrennung von Polyureafetten, weil dabei giftige Zersetzungsprodukte zu Umweltbelastungen führen können.

Polyureafette sind höherwertig einzustufen als lithiumkomplexverseifte Hochtemperaturfette. Die Temperaturstabilität des Polyharnstoffes ist größer als die der Lithiumkomplexseife (Tropfpunkt > 250 °C). Für besondere Anwendungsfälle bieten sie deshalb bezüglich thermischer Belastbarkeit Vorteile. Sie sind immer dann ein Mittel der Wahl, wenn herkömmliche Lithiumkomplexfette ihre Dauertemperaturgrenze bei ca. 150 °C erreichen. Mit Polyharnstofffetten auf synthetischer Basis können z. B. Daueranwendungstemperaturen bis 190 °C gut beherrscht werden.

Weitere Vorteile von Polyharnstofffetten:

  • Hervorragende Verschleißschutz- und Hochdruckeigenschaften
  • Hohe Adhäsionswirkung auf metallischen Reibpartnern
  • Ausgezeichnete Wasserbeständigkeit
  • Sehr guter Korrosionsschutz
  • Erhöhte Wirtschaftlichkeit aufgrund verlängerter Schmierintervalle

Tropfpunkte im Vergleich:

Verdicker Typischer Tropfpunkt [°C]
Lithium >190
Calcium >1502 Value 2
Natrium >170
LiCa >180
Lithiumkomplex >250
Aluminiumkomplex >250
Bentonit ohne
Gel ohne
PTFE ohne
Polyharnstoff >250

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Eigenschaften eines Schmierfettes durch die Hauptkomponenten Grundöl und Verdicker bestimmt werden. Der Verdicker bestimmt dabei unter anderem Tropfpunkt, Einsatztemperaturgrenze, Wasserbeständigkeit und Walkstabilität.

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